![]() Komplexaugen einer Biene |
Genau wie bei uns befinden sich auf dem Hintergrund der Augen Rezeptoren für unterschiedliche Wellenlängen des Lichtes. Ihre Aktivierung wird über Nervenreize ans Gehirn weitergeleitet. Dabei sieht die Biene jedoch andere Farben als wir, ihr Farbspektrum unterscheidet sich. Es ist vom längerwelligen in den kurzwelligen Bereich verschoben. Die Biene hat keine Rezeptormoleküle für rote Lichtwellen. Rote Flächen erscheinen ihr grau. Dafür verfügt sie über Rezeptoren, die ultraviolette Lichtwellen absorbieren können. Damit kann sie oft auf Blüten mehr erkennen, als wir. Viele Pflanzen, die Bienen als Bestäuber brauchen, zeigen ihr Nektarmale. Das sind besondere Zeichnungen auf den Blütenblättern, die der Biene signalisieren: "Achtung lecker Nektar".
![]() Nur im UV-Licht erkennbar: Nektarmale einer Blüte |
Bienen müssen manchmal weite Strecken zurücklegen. Um sich nicht zu verfliegen, hilft ihnen eine weitere Besonderheit ihres Sehsinns: Sie können polarisiertes Licht deuten. Für uns sieht ein wolkenloser Himmel gleichmäßig aus. Zur Sonne hin heller, ansonsten im dunkleren Blau. Doch erreicht das Licht eben nicht so gleichmäßig die Erde. Das Licht schwingt zunächst in allen Raumrichtungen. Auf dem Weg durch die Atmosphäre werden die Strahlen aber teilweise an winzigen Partikeln in der Luft gebrochen. Dabei ändert sich die Schwingungsebene. Die Wellen schwingen nicht mehr in allen Ebenen, sondern nur noch in einer. Man erkennt die Welle nur noch als Licht, wenn man Rezeptoren hat, die in der richtigen Richtung sensibel sind.
Unsere Augen haben Lichtrezeptoren, die beweglich sind. Sie richten sich nach der Polarisationsrichtung des einfallenden Strahlen aus. Sie reagieren flexibel. Der Vorteil für uns: Es ist immer gleich hell. Der Nachteil: Wir können mit der Information, die die Polarisationsrichtung des Lichtes beinhaltet, nichts anfangen.
Die Biene dagegen hat in den hinteren oberen Reihen der Ommatidien besondere UV-Rezeptoren. Die liegen fest in einer Richtung. Wenn die Biene nun in den Himmel blickt, kann es passieren, dass bestimmte Rezeptoren gar nicht erregt werden. Genau wenn die Richtung der Lichtwelle senkrecht zu dem Rezeptor liegt. Da das "Polarisationsmuster" zu bestimmten Tages- und Jahreszeiten immer gleich ist, kann die Biene diese Information nutzen. Sie kombiniert den Stand der Sonne mit dem Horizont und der Polarisationsrichtung und hat so ein Koordinatensystem, mit dem sie sich orientieren kann. Selbst bei bedecktem Himmel weist ihr dieser Sinn den Weg nach Hause.
Quelle: Westdeutscher Rundfunk 1999 | Sendedatum: 25.05.1999 |